Kostbar und zerbrechlich – Palmsonntag 05. April 2020

Gottesdienst am 05. April 2020 zum Sonntag Palmarum


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Wer möchte, kann zu Beginn eine Kerze anzünden

Liebe Leserin, lieber Leser,
heute ist Palmsonntag, der Tag, an dem Jesus jubelnd in Jerusalem von den Menschen empfangen wurde. Eigentlich ein freudiges Ereignis, aber immer schon mit dem fahlen Beigeschmack von Karfreitag. Ein lachendes und ein weinendes Auge, wie wir es dieser Tage selbst oft genug erleben. Es passiert viel Schlimmes, aber immer wieder erleben wir auch Schönes.

Wir beten: Gott, ich bin hier/ wir sind hier, allein und doch durch deinen Geist alle miteinander verbunden. Und so feiere ich, so feiern wir im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt- Gott, lass uns in unserem Gefühlschaos nicht alleine und mach, dass uns allen bald wieder die Sonne scheint. Amen.

Predigt über Mk 14, 3-9 (hier gekürzt):

Und als Jesus in Betanien war und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Glas mit unverfälschtem und kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Glas und goss es auf sein Haupt. Da wurden einige Jünger unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte es für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an. Jesus aber sprach: Lasst sie in Frieden! Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im voraus gesalbt für mein Begräbnis. Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat.

Liebe Leserin, lieber Leser,
heute möchte ich einen Wettbewerb ausrufen und wer mag, darf mir gerne mitteilen, ob und wie alles funktioniert hat. Die Aufgabe: Nimm morgen früh direkt nach dem Aufstehen ein Ei aus dem Kühlschrank. Wichtig: das Ei muss roh sein, gekocht ist geschummelt. Du darfst es nicht dick einpacken oder in eine Handtasche oder so stecken, du musst immer engen Körperkontakt damit haben. Ziel ist es, dass du das Ei abends beim Schlafengehen wieder heile in den Kühlschrank legen kannst. Was ist der Sinn dahinter?

Es ist eine Herausforderung, etwas so Zerbrechliches ganz sanft zu betten und zu behüten. Eine unbedachte Bewegung, einen Moment etwas Anderes im Kopf und schon kann es das Ende für das Ei und eine saubere Hose bedeuten. Viele Dinge in unserem Alltag tun wir selbstverständlich, ohne uns dessen bewusst zu sein. Mit einem Ei am Körper werden wir uns behutsamer und langsamer bewegen, vorsichtiger und aufmerksamer auf alles achten, was wir tun. Das wird mehr Zeit kosten, aber das ist ja aktuell nicht schlimm, denn die haben wir.

Vielleicht müssen wir die Waschmaschine oder die Spülmaschine einhändig ausräumen, weil wir das Ei in der anderen Hand halten und merken dadurch, wie wichtig beide Hände sind, wie schwierig es ist, auf eine verzichten zu müssen. So müssen wir umdenken und andere Wege versuchen bei verschiedenen Tätigkeiten. Das Ei darf uns natürlich begleiten auf einen Spaziergang nach draußen und es ist nicht schlimm, wenn wir dann mit ihm reden, ihm unsere Umgebung zeigen und erklären, was da so alles blüht.

Kostbar und zerbrechlich ist so ein Ei- wie das Öl, mit dem die Frau ohne Namen Jesus salbt. 300 Silbergroschen ist enorm viel- ein durchschnittlicher Arbeiter verdiente damals 1 Silbergroschen täglich. Umgerechnet auf heutige Verhältnisse wären das etwa 45.000€ für die Flasche. Die Jünger sind sprachlos ob dieser Verschwendung, hat Jesus ihnen doch Verzicht und Armenfürsorge gepredigt. Die Frau hat ein Vermögen für diesen einen Moment ausgegeben, für diese kurze Berührung, die nur ihr und Jesus gehört. Sie hat ihm eine Atempause gegönnt, einen Moment ungeteilter Aufmerksamkeit, hat den schnöden und immer gleichen Alltag eine Zeitlang unterbrochen. Damit hat sie an Jesus, der sonst immer für andere da ist, ein gutes Werk getan. Vielleicht hat ihm diese liebevolle Tat Kraft gegeben für den Weg, der vor ihm liegt, Zuversicht und Stärke.

An Palmsonntag lagen Jesus die Menschen zu Füßen, haben Palmblätter und Kleidung auf den Weg gelegt, damit er nicht auf der staubigen Straße in Jerusalem einreiten muss auf dem Esel. Sie haben jubelnd geschrien: Hosianna! Doch das war eine trügerische und instabile Stimmung. Denn die gleichen Menschen werden in 5 Tagen, an Karfreitag, schreien: Kreuzige ihn! Und ihn bespucken und erniedrigen.

Da war diese kurze Auszeit der Salbung eine Wohltat, ein Geschenk, ein Trost. Ganz bewusst hat Jesus das bis ins Kleinste genossen und ausgekostet. Die Frau hat Jesus einen Schatz geschenkt, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten.

Jede Sekunde achtsam leben, das lehrt auch die Übung mit dem Ei. Das soll dich daran erinnern, wie kostbar jeder Moment ist und doch gleichzeitig wie zerbrechlich. Sei behutsam mit dem Ei, mit dir, deiner Familie, gestalte deinen Tag ganz bewusst, so wie Jesus in vollen Zügen die Zuwendung der Frau genossen hat. Jesus macht damit deutlich, wie wichtig es ist, alles wahrzunehmen, was positiv und schön ist in unserem Leben und das auszuschöpfen. Versuche das einmal, mit und ohne Ei.

Fürbitten:
Wir halten dir unsere Herzen hin, Jesus Christus, wir strecken dir unsere Hände entgegen. Wir wollen dir Hosianna rufen und mit dir gehen auf deinem Weg nach Jerusalem.
Aber wir können nur mit unseren Herzen zu dir kommen. Nur unsere Sehnsucht ist auf dem Weg zu dir. Nur unsere Gebete. Sie sind alles, was wir haben. So beten wir für die Kranken, für die, denen keine Medizin mehr helfen kann, für die, die einsam sterben, für die, die unter der Last dieser Tage zusammenbrechen. Komm zu ihnen mit deiner Liebe und heile sie.
Wir beten für die Menschen, die in der Sorge dieser Tage in Vergessenheit geraten, die Flüchtlinge, die Opfer von häuslicher Gewalt, die Hungernden, die Einsamen. Komm zu ihnen und rette sie.
Wir danken dir für die Zeichen der Liebe und Verbundenheit, für die freundlichen Worte, die vielen kleinen schönen und kostbaren Momente. Lass sie uns auskosten und genießen.
Geh mit uns durch diese Zeit, heute und alle Tage. Amen.

Wir beten das Vater unser: Vater unser im Himmel…

Segen: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir. Der Herr erhebe sein Angesicht über dich und er gebe dir Frieden. Amen.

Wer die Kerze angezündet hat, kann sie nun auspusten.

Kurze Info aus dem Pfarramt:

Die Glocken läuten jeden Sonntag von 10-10.05 Uhr in allen 3 Kirchen, ich bete dann ein Vaterunser, vielleicht möchten Sie sich dem zuhause ja anschließen. Ebenso läuten die Glocken täglich um 19.30 Uhr zum pfalzweiten ökumenischen Gebet. Sie dürfen sich gerne im Pfarramt melden, wenn Sie mal mit jemandem sprechen möchten oder Hilfe brauchen- Ihre Kirche und ich, Ihre Pfarrerin, möchte für Sie da sein. Gemeinsam stehen wir das durch!

Pfarrer C. Markutzik u.a. sprechen täglich eine neue 3minütige Andacht auf diesen Anrufbeantworter: 06322-9883501.

Es gibt auch eine Seelsorge-Hotline des Dekanats Kusel, hier ist täglich von 8-12 und 16-22 Uhr ein/e PfarrerIn zu erreichen: 06381-99 69 919.

Gott behüte Sie, bleiben Sie gesund!

Bild von StockSnap auf Pixabay