Den Scherbenhaufen kitten – Judika 29. März 2020

Gottesdienst am 29.3.2020 zum Sonntag Judika


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Wer möchte, kann zu Beginn eine Kerze anzünden

Liebe Leserin, lieber Leser,
heute feiern wir den Gottesdienst am Sonntag „Judika“, abgeleitet von Ps 43,1:

„Gott, schaffe mir Recht (judica me) und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!“

Der Psalmbeter fragt sich, warum Gott ihn verstoßen hat, warum sein Leben in Scherben liegt und er bittet ihn darum, dass Licht und Freude zu ihm zurückkommen.

Wir beten: Gott, ich bin hier/ wir sind hier, allein und doch durch deinen Geist alle miteinander verbunden. Und so feiere ich, so feiern wir in deinem Namen Gottesdienst: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wir sehnen uns, Gott, nach deinem Wort, das uns Kraft und Mut gibt. Hilf uns durch diese Zeit und mach unser Leben wieder hell. Amen.

Predigt über Psalm 34,19:

„Der HERR ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“

Liebe Leserin, lieber Leser,

Scherben bringen Glück, so heißt es. Prima, dann lasst uns jetzt doch alle poltern und unser Geschirr zerschlagen, damit ganz schnell alles wieder gut wird. Tja, so leicht ist das jetzt leider nicht, kaputte Gläser sorgen nicht automatisch für Segen und Freude. Eigentlich eher im Gegenteil. Ich bin traurig, wenn etwas kaputt geht, das mir am Herzen lag: die antike Kaffeetasse, die ich von meiner Oma geerbt habe und die nun in meinem Service fehlen wird. Die schöne Blumenvase, die ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Unwiderruflich zerstört und nicht zu retten.
Die Scherben können auch körperlich weh tun, wenn wir uns schneiden und verletzen. Diese kleinen Schnitte sind manchmal schmerzhafter und schlimmer als große Wunden. Sie erinnern uns lange daran, dass etwas zerbrochen ist, etwas in unserem Leben kaputt gegangen ist. Jede Biographie weist Risse und Bruchstellen auf, kein Leben ist perfekt, wir tragen alle Narben mit uns, mal deutlich zu erkennen, mal weniger sichtbar.

Wir haben im Moment nun viel Zeit, genau darüber jetzt nachzudenken, unser Leben mal Revue passieren zu lassen. Da kommen uns natürlich schöne Erinnerungen in den Sinn, aber leider auch manchmal traurige und qualvolle. So manch einer steht gedanklich vor dem Scherbenhaufen seines Lebens und sieht alles, was zerbrochen ist: eine Ehe, eine langjährige Beziehung, der Kontakt zu Kindern und Enkeln, eine Freundschaft. Wenn einmal etwas in die Brüche gegangen ist, ist es schwierig, das wieder zu reparieren. Und man bekommt es nie mehr so hin wie zuvor, die Kanten werden immer zu sehen und zu spüren sein.

In den Nachrichten müssen wir dann auch noch zuschauen, wie uns herum vieles in Scherben liegt: Betriebe müssen schließen, Selbständige stehen vor den Trümmern ihres Lebenswerkes, viele fürchten um ihren Job, wissen nicht, wie sie Miete und Essen in Zukunft bezahlen sollen. Ihr ganzes Leben, vor ein paar Wochen noch schön und unbeschwert, liegt nun in winzig kleinen Splittern vor ihnen. Unsere Welt wird nach Corona eine andere sein als vorher.
Hat auch Gott mit uns gebrochen? Uns achtlos fallen lassen und will nun diesen Scherbenhaufen nicht mehr kitten und kleben?
Im Gegenteil. In Psalm 34,19 lesen wir diese tröstlichen Worte:

„Der HERR ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“

Gott steht mit uns vor den Scherbenhaufen, die in uns sind und um uns herum. Er weint mit uns über zerbrochene Beziehungen, zerstörte Chancen, kümmert sich um unsere großen und kleinen Schnittstellen und Wunden.
Er kennt die Geschichte jeder unserer Narben- und die verborgenen auf unserer Seele, die kennt er besonders gut. Wir wissen es aus den Evangelien, dass sich Jesus eben gerade um die Menschen gekümmert hat, deren Leben in Scherben lag und das ist auch jetzt so. Gott weiß, wo wir etwas kaputt gemacht haben, er kennt unsere Scherben, die wir heimlich unter den Tisch gekehrt haben, die wir im Mülleimer versteckt haben. Er weiß das alles und trotzdem lässt er uns nicht allein vor diesem Scherbenhaufen stehen, sondern er ist da. Er lässt zwar zu, dass Dinge zerbrechen, dass wir uns schneiden- warum, weiß ich nicht, den Sinn hinter all dem kennt nur ER allein.

Aber ich vertraue darauf, dass die Worte aus Ps 34 wahr und richtig sind, Gott ist uns nahe, er hilft uns und steht uns bei. In Form von den vielen Engeln, den sichtbaren und den unsichtbaren, in Form von unerwarteten Anrufen und Briefen, in Form von Hilfsbereitschaft und Solidarität. Damit am Ende doch aus all den vielen Scherben irgendwie Glück entstehen kann.

Fürbitten:
Gott,
vor dich bringen wir, was in unserem Leben verletzt und zerstört ist, was wir zerstört haben und die Schnitte, die wir anderen zugefügt haben. Zu dir bringen wir die Scherben und Bruchstücke unseres Lebens. Sieh gnädig auf das, was wir dir anvertraut haben.
Hilf uns anzunehmen, was nicht mehr zu reparieren ist und gib die Kraft, unser Leben trotz aller Brüche zu lieben.
Jede Scherbe, egal wie groß oder klein, ob dick ist oder dünn, ist für dich wertvoll und nicht vergessen. Du hast durch deinen Sohn Jesus die Trennung zwischen dir und uns überwunden und uns deine heilende Nähe versprochen. Du gehst alle Wege mit uns, dafür danken wir dir und bitten dich, uns zu behüten und zu bewahren. Amen.

Wir beten das Vater unser: Vater unser im Himmel…

Der Herr segne dich, wo dein Weg ins Dunkle führt
und behüte dich, auch wenn du dich von ihm abwendest. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir, damit du erkennst, was du tust. Der Herr erhebe sein Angesicht über dich, damit du in ihm findest, was du suchst, und er gebe dir Frieden. Amen.

Wer die Kerze angezündet hat, kann sie nun auspusten.

Kurze Info aus dem Pfarramt:
Diese Lesepredigt wurde an alle „regelmäßigen“ Kirchgänger verteilt- wenn Sie noch jemanden wissen, der sich darüber freuen würde, sagen Sie bitte Bescheid und geben Sie die Predigt gerne auch weiter.

Die Glocken läuten jeden Sonntag von 10-10.05 Uhr in allen 3 Kirchen, ich bete dann ein Vaterunser, vielleicht möchten Sie sich dem zuhause ja anschließen. Ebenso läuten die Glocken täglich um 19.30 Uhr zum pfalzweiten ökumenischen Gebet. Sie dürfen sich gerne im Pfarramt melden, wenn Sie mal mit jemandem sprechen möchten oder Hilfe brauchen- Ihre Kirche und ich, Ihre Pfarrerin, möchte für Sie da sein. Gemeinsam stehen wir das durch!

Pfarrer C. Markutzik u.a. sprechen täglich eine neue 3minütige Andacht auf diesen Anrufbeantworter: 06322-9883501.

Es gibt auch eine Seelsorge-Hotline des Dekanats Kusel, hier ist täglich von 8-12 und 16-22 Uhr ein/e PfarrerIn zu erreichen: 06381-99 69 919.

Gott behüte Sie, bleiben Sie gesund!

(c) Bild von Dimitri Wittmann auf Pixabay