Erntedank mit Abendmahl To Go am 11.10.2020

EIN Rosinenbrötchen gegen 28 Senfsorten, 12 Sorten Butter und Margarine und leere Regale…

Zu Erntedank durfte sich am letzten Wochenende und diesen Sonntag die Gottesdienstbesucher*innen ihr Abendmahl mit nach Hause nehmen – “Abendmal-To-Go” sozusagen, in der Papiertüte, mit Predigt, begleitendem Text zum Abendmahl und einem Rosinenbrötchen: Du bist das Brot, du bist der Wein.
So schön konnte dann das Frühstück aussehen, mit ökumenischem Touch (die Kerze stammt aus dem Corona-Hilfe-Paket der katholischen Kirchengemeinde Maria Lichtmeß, (Reichenbach-Steegen), das vor ein paar Monaten verteilt wurde – herzlichen Dank an dieser Stelle nochmal!), das Brötchen wurde einvernehmlich mit dem katholischen Ehegatten geteilt 🙂
Foto, Text oben (c) Webmistress Doris, Gottesdienst/Text unten (c) Pfrin Janina Tamm, die exquisiten Rosinenbrötchen (c) Bäckerei Felix Schäfer in Mühlbach


Liebe Leserin, lieber Leser,

heute gibt es einen Sonder-Gottesdienst zu Erntedank. Für den Ablauf des Gottesdienstes und die Feier des Abendmahls liegt ein separater gelber Zettel in der Tüte dabei und natürlich ein leckeres Rosinenbrötchen.

Vor dem Gottesdienst:
Eine Kerze anzünden und auf den Tisch stellen, der schön gedeckt und geschmückt sein kann. Vielleicht noch mit Kastanien, Herbstblättern und Nüssen dekorieren. Wer möchte, kann sich zu dem Rosinenbrötchen natürlich auch Wein/Traubensaft und Brot bereit stellen.

Gottesdienst mit Abendmahl an Erntedank

Eingangsgedanken

Am Erntedanktag danken wir Gott für die Gaben seiner Schöpfung, die er uns so reichlich gibt, und werden daran erinnert, dass der Ertrag unserer Arbeit nicht uns gehört, sondern von Gott kommt und sein Eigentum ist.

Gebet

Großer und segnender Gott, wir staunen über das Wunder deiner Schöpfung, über die Herrlichkeit der Werke deiner Hände.
So schön und perfekt hast du alles geschmückt, selbst die kleinste Schneeflocke einfach rundum gelungen erschaffen.
Wir können dich nur loben und dir danken für unser Leben und für alles, was du uns schenkst. Amen.

Predigt

Jes 58, 7-12 (gekürzt)

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten und sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: “Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne.

Liebe Leserin, lieber Leser!

„Bitte beachten Sie, dass dieser Aktionsartikel aufgrund der hohen Nachfrage und einer begrenzten Anzahl schon am 1. Tag ausverkauft sein kann“: so und ähnlich lesen wir es in den Werbeblättern von Supermärkten und Geschäften. Dabei handelt es sich meist um echte Schnäppchen, Neuheiten oder besonders beliebte Marken. Natürlich  ärgere ich mich darüber, wenn ich es montags erst bis 8.30Uhr in den entsprechenden Markt schaffe und das von mir gewünschte Produkt ist schon weg. Aber eine dramatische Situation ist das nicht, ich muss deswegen keine Existenzängste haben und mir fehlt dadurch nichts zum Überleben Wichtiges.

Im März und April ist es zu vielen Engpässen in unseren Super-märkten gekommen, da stand ich ein ums andere Mal vor leeren Regalen. Besonders begehrt waren Mehl, Hefe, Backpulver und Toilettenpapier. Jeder hat darüber gelacht und sich lustig gemacht, aber selbst doch heimlich gehortet, frei nach dem Motto: „Man weiß ja nie“. Dabei leben wir in einem der reichsten Länder der Welt, niemand musste befürchten zu verhungern und doch war diese Angst irgendwie allgegenwärtig.
Denn wir sind es schlicht gewohnt, immer alles in Hülle und Fülle zu haben und jetzt sofort und gleich. Wenn ich an Weihnachten frische Erdbeeren möchte, bekomme ich die im Dezember problemlos im Supermarkt.
Wenn ich ultraflauschiges 10lagiges Toilettenpapier mit frischem Beerenduft will, dann ist das überhaupt kein Problem.
Wenn ich eine bestimmte Marke Schokolade oder Kaffee oder Tee möchte, dann kann ich das von montags bis samstags in den Geschäften und sonntags online kaufen.
Wir sind, außer bei Sonderangeboten, keine leeren Regale gewöhnt, kennen nur den Überfluss und erwarten, dass sowohl am Montagmorgen als auch am Samstagabend kurz vor Ladenschluss alle Produkte in ausreichender Menge verfügbar sind. Darum sind wir vielleicht so erschrocken gewesen, als Corona uns aufgezeigt hat, dass all das eben nicht selbstverständlich ist. Manche Betriebe konnten nicht mehr produzieren, weil aus Übersee und fernen Ländern keine Lieferungen mehr eingegangen sind und überall standen LKWs, Fließbänder und Maschinen still. Ganz plötzlich, ohne jede Vorwarnung. So mancher Kunde war empört, dass auf einmal nur noch Vollkorn-Nudeln oder Roggenmehl vorrätig waren und sie auf vertraute Produkte ausnahmsweise mal verzichten mussten.

Jesaja schreibt:

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

Als wir im Lockdown nicht wussten, wie es mit uns und unserem Land weiter geht, hätten wir da unsere letzte Mehl-Packung mit der Familie von nebenan geteilt? Unser letztes Klopapier mit der besten Freundin? Die letzte Tafel Schokolade mit unserem Kumpel?
Bestimmt hätten viele von uns das gemacht, aber es gab zahlreiche Videos und Bilder, in denen sich Menschen im Supermarkt geprügelt und geschlagen haben um bestimmte Produkte, in denen Kassiererinnen und Verkäufer auf schlimmste beleidigt und attackiert wurden, weil der König Kunde nicht bekam, was er wollte. In so einer Situation hat doch keiner den Hungrigen, den Obdachlosen, den Nackten oder die bucklige Verwandtschaft im Blick. Da zählt allein der Kampf ums eigene Überleben, das nur ermöglicht wird mit der 4lagigen Rolle Toilettenpapier. Wir haben darüber vieles andere aus dem Blick verloren.

Barockkirche Gimsbach

Erntedank kann uns dabei helfen, den Fokus wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Wie dankbar könnten wir nämlich sein, wenn wir jetzt einkaufen gehen und unsere Regale wieder voll sind. Unser Staat hat ein großzügiges Hilfspaket geschnürt- in vielen anderen Ländern gibt es eine solche Unterstützung nicht und die Menschen sind auf sich allein gestellt.

Doch unsere Dankbarkeit dem gegenüber, dass wir so glimpflich davon gekommen sind, dass so wenige gestorben sind, dass unsere Wirtschaft sich langsam erholt, ist, meiner Wahrnehmung nach, gering- besonders, wenn ich mir die Proteste gegen die Maskenpflicht anschaue. Wieso bitte schränkt mich das Tragen einer solchen Maske in meinen Grundrechten ein? Da geht es um Solidarität und gegenseitige Rücksichtnahme- etwas, das in einer Demokratie selbstverständlich sein sollte und wovon auch Jesaja schreibt:

Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt.

Gelebte Nächstenliebe, Anteilnahme, Zuwendung und Mitgefühl- das sollte für Christen selbstverständlich sein, ob mit oder ohne Pandemie.

Ich fürchte aber, dass unser aller Gier durch Corona nicht geringer geworden ist, unser Wunsch nach „immer mehr“ nicht kleiner. Die kurze Atempause, die die Pandemie unserem Planeten beschert hat, ist vorüber und, so leider mein Empfinden, ist das Bewusstsein für den Klimawandel und einen achtsamen Umgang mit unserer Schöpfung noch weiter gesunken.

Dabei glaube ich, dass es stimmt, was Jesaja schreibt:

Es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: “Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne.

Wenn alle zusammen halten und wir gemeinsam an einem Strang ziehen, dann können wir wieder reparieren und kleben, was durch Corona zerbrochen ist. Diese Ernte (im übertragenen Sinn gesprochen) ist vielleicht nicht groß, aber von hoher Qualität, weil wir das dann mit vereinten Kräften erreicht und geschafft haben. Um eine solche Ernte einzufahren, genügt es schon, wenn wir uns an die einfachsten Regeln halten: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske. Das ist für niemanden zu viel verlangt und doch ein großer Dienst an der Gemeinschaft.

Erntedank zeigt mir dieses Jahr, wie dankbar ich sein darf, in Deutschland zu leben und keine Angst haben zu müssen vor überfüllten Intensivstationen, einem Mangel an Beatmungsgeräten, Hunger, Obdachlosigkeit und leeren Regalen. Ich hoffe, dass auch ihr, liebe Schwestern und Brüder, dieses Geschenk zu würdigen wisst und wir gemeinsam alles dafür tun, dass die Lage in unserem Land sich weiter entspannt und nicht wieder verschärft.

Amen!

Wort zum Abendmahl

Wir danken Gott für seine Güte und Fürsorge; für unser Leben, das er erhält; für das Gute, das uns durch unsere Arbeit gelingt. Wir loben ihn für das Wunder seiner Schöpfung. Wir gefährden oft unseren Lebensraum, bewohnen und gestalten ihn nicht in der Verantwortung, die nötig wäre.
Dennoch begegnet uns Jesus Christus mit dem Brot des Lebens und dem Kelch des Heils, damit uns Ehrfurcht vor dem Leben erfüllt.

Sündenbekenntnis und Gnadenzusage

Bevor wir das Mahl seiner Liebe feiern, wollen wir vor Gott treten und unsere Schuld bekennen:
Gott, du hast uns reich beschenkt. Wir aber haben das Danken verlernt und denken nur noch an uns selbst. Wir meinen, uns sei alles erlaubt.
Darum achten wir nicht auf deine Schöpfung und zerstören unseren Lebensraum und den aller Tiere und Pflanzen.
Erbarme dich über uns und verändere uns durch Jesus Christus. Wenn wir dich darum bitten, dann gibst du uns nicht auf, sondern schenkst uns in Jesus einen neuen Anfang und vergibst uns unsere Schuld. Amen.

Einsetzungsworte

Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und gab ́s seinen Jüngern und sprach: „Nehmet hin und esset; das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis.“ 
Ebenso nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, und dankte, gab ihnen den und sprach: „Nehmet hin und trinket alle daraus, das ist mein Blut des neuen Testamentes, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, sooft ihr’s trinket, zu meinem Gedächtnis.“
Nun können Sie das Rosinenbrötchen, in dem das Brot des Lebens und die Rosine als Symbol für die Frucht des Weinstocks vereint sind, (miteinander) teilen und ganz bewusst genießen. Nehmen Sie sich hierfür ruhig Zeit.

Fürbitten und Vaterunser

Guter und barmherziger Gott,
wir danken dir für alles, was du uns im vergangenen Jahr geschenkt hast. Wir danken für das tägliche Brot und für alles, wovon wir leben.
Wir danken dir für das Wasser, das sauber aus unseren Leitungen kommt. Für den Strom aus der Steckdose. Für Bahn und Bus, Auto und Flugzeug, die uns sicher von hier nach da kommen lassen. Für Versicherungen und Krankenkassen. Für Rente und Kindergeld. Für Arbeitslosenhilfe und Obdachlosen-Schlafstellen. Für 28 Sorten Senf im Regal und 12 Sorten Butter und Margarine.
Wir danken dir für die Schönheit deiner Schöpfung, für alles, was blüht und gedeiht, auch für das Unkraut.
Wir bitten dich, lehre und leite uns, deine Schöpfung zu erhalten, damit auch unsere Kinder und Enkelkinder sich an ihr freuen können.
Vater unser im Himmel, …

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht über dich und er gebe dir Frieden. Amen.

Mitteilungen

Nächste Gottesdienste:18.10.: 9  Mühlbach+10.15 Neunkirchen, in den Kirchen, 25.10.: 9  Gimsbach DGH, 10.15 Neunkirchen Kirche
Andacht auf dem Anrufbeantworter: 06359-95 352 92.
Seelsorge-Hotline des Dekanats Kusel, täglich von 8-12 und 16-22 Uhr: 06381-99 69 919.
  Gott behüte Sie, bleiben Sie gesund!