Tankstelle Gebet – Quasimodogeniti 19. April 2020

Gottesdienst am 19. April 2020 zum Sonntag Quasimodogeniti



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Wer möchte, kann zu Beginn eine Kerze anzünden

Liebe Leserin, lieber Leser,
heute ist der Sonntag „Quasimodogeniti“, „wie die Neugeborenen“ haben wir durch Jesu Auferstehung eine neue Chance bekommen, wird uns die Möglichkeit geschenkt, immer wieder einen neuen Anfang zu wagen.

Wir beten: Gott, ich bin hier/ wir sind hier, allein und doch durch deinen Geist alle miteinander verbunden. Wie neugeborene Kinder sollen wir sein, voller Vertrauen, voller bedingungsloser Hingabe. Doch das fällt uns oft schwer. Darum danken wir dir, dass du unseren Zweifel immer wieder neu erträgst, und bitten dich: lass uns werden wie die Kinder. Schenke uns ihre Offenheit und Gelassenheit, damit du wirken kannst in uns und durch uns. Amen.

Predigt über Jes 40, 26-31: (hier gekürzt in moderner Übersetzung)

Gott wird weder müde noch kraftlos. Seine Weisheit ist unendlich tief. Den Erschöpften gibt er neue Kraft, und die Schwachen macht er stark. Selbst junge Menschen ermüden und werden kraftlos, starke Männer stolpern und brechen zusammen. Aber alle, die ihre Hoffnung auf den HERRN setzen, bekommen neue Kraft. Sie sind wie Adler, denen mächtige Schwingen wachsen. Sie gehen und werden nicht müde, sie laufen und sind nicht erschöpft.

Liebe Leserin, lieber Leser,
müde und kraftlos- das bin ich dieser Tage irgendwie oft. Okay, das liegt vielleicht teilweise an meinem Heuschnupfen, aber sonst habe ich eigentlich keinen Grund für diese Mattheit. Ich bin kaum noch unterwegs, Gespräche finden fast nur am Telefon statt, ich treffe mich nicht mit Freunden und der Familie, habe keinen Zeitdruck, keinen überquellenden Kalender. Ich hetze mal nicht von Termin zu Termin und trotzdem bin ich müde und kraftlos. Es ist nicht so, dass ich nichts zu tun hätte- das Archiv wird aufgeräumt, das Büro gründlich sortiert und mal wieder alle Akten auf Stand gebracht, privat ist auch viel liegen geblieben und ich hab doch tatsächlich mal wieder seit Jahren (!) meine Nähmaschine ausgepackt. Und doch bin ich müde und kraftlos. Ich vermute, das liegt daran, dass mich diese Arbeit nicht erfüllt, mir wenig Spaß macht und mich nur wenig zufrieden stellt. Mir fehlt die Motivation, der Elan. Es ist am Abend kein schönes Gefühl, wenn ich überlege, was ich an diesem Tag alles gemacht habe und dann nur wenig auf der „Erledigt“-Seite steht. Das macht mich dann manchmal traurig und ich nehme mir fest vor: „Morgen wird alles anders. Morgen tue ich dies und das und jenes. Das wird gut, das ist doch mal ein Plan!“ 24 Stunden später ist aus diesem Plan meistens eher nichts geworden.

Müde und kraftlos- das sind viele Menschen weltweit dieser Tage logischerweise oft. Ärzte haben eine 36-Stunden-Schicht und kommen währenddessen nicht zum Schlafen. Das Pflegepersonal und Labormitarbeiter gehen über ihre Belastungsgrenzen hinaus und arbeiten bis zum Umfallen. LKW-Fahrer haben zwar freie Straßen, aber keine geöffneten Rastplätze, um mal auf Toilette gehen oder einen Kaffee trinken zu können. Beschäftigte in Supermärkten und anderen Geschäften arbeiten hart und müssen sich von gestressten Kunden noch beleidigen lassen. Müde und kraftlos fühlen sich Selbstständige, die um ihre nackte Existenz fürchten müssen, die nicht mehr wissen, wovon sie Miete, Material und Mitarbeiter bezahlen sollen. Es gibt viele Angestellte, die Angst davor haben, ob es ihre Firma auch nach Corona noch geben wird. Es ist dann am Abend kein schönes Gefühl, wenn sie überlegen, welche Hiobsbotschaft bringt der morgige Tag, was kommt noch alles auf uns zu, wie soll es nur weitergehen. Eine gute und friedliche Nacht haben sie dieser Tage selten.

Ich erfahre das alles in den Nachrichten, höre davon im Radio, sehe es im Internet und komme mir dabei dann noch schlechter vor. Ich bin müde und kraftlos- aber was ist mit denen, die ackern und schuften und kaum noch wissen, wann sie zuletzt etwas gegessen oder getrunken haben! Diesen Menschen steht es zu, erschöpft und matt zu sein, aber doch nicht mir. Diese Menschen haben jedes Recht darauf, zu klagen und zu weinen, verzweifelt und abgekämpft zu sein, aber doch nicht ich.

Wie gerne würde ich helfen, würde ich ihnen etwas abnehmen wollen, auch einen Teil der Last schultern, sie unterstützen und auch ganz persönlich etwas dazu beitragen, dass dieses Land gut durch die Krise kommt. Ich sehe ihre Not und ihre Schwäche, ihre Ermüdung und ihre Ohnmacht. Aber mir sind die Hände gebunden. Wie soll ich von meinem Sofa aus etwas tun können? Wenn selbst „junge Menschen ermüden und kraftlos werden, starke Männer stolpern und zusammen brechen“? Wie könnte ich da eine Hilfe sein? Geht nicht?! Geht doch!! Im Gebet bin ich bei ihnen, bitte Gott um Kraft für die Müden und Geschwächten, um Hoffnung für die Verzweifelten, um Hilfe und Zuversicht für die Niedergeschlagenen, um Mut für die Ängstlichen. Jeden Tag um 19.30 Uhr, wenn unsere Kirchenglocken läuten, denke ich an alle Menschen weltweit in meinem Gebet und weiß, dass das viele andere gemeinsam mit mir tun. Wir sind alle durch diese Tankstelle „Gebet“ miteinander verbunden und können so zeigen: Niemand ist allein. Keiner ist vergessen. Die größte Hilfe und Unterstützung, die die meisten von uns leisten können, ist es, zuhause zu bleiben, uns selbst zu schützen, um damit andere zu schützen und so aktiv Leben zu retten! Es gibt die Möglichkeit, Gutscheine zu kaufen von Geschäften, Parks und Restaurants vor Ort, die derzeit geschlossen bleiben müssen. Damit helfen wir den Betreibern zumindest ein bisschen. Mit einem lieben Wort und einem Lächeln können wir uns im Supermarkt bei den Angestellten bedanken und ihnen damit ganz gezielt eine Freude machen. Es sind Kleinigkeiten, aber manchmal ist es genau das, was der oder die andere in diesem Moment gebraucht hat, um nicht aufzugeben, um wieder neue Energie zu tanken. Und wir können beten. Im Gebet, an dieser Tankstelle sind wir uns ganz nahe. Dann geschieht, wie es Jesaja beschreibt:

Alle, die ihre Hoffnung auf den HERRN setzen, bekommen neue Kraft. Sie sind wie Adler, denen mächtige Schwingen wachsen. Sie gehen und werden nicht müde, sie laufen und sind nicht erschöpft.

Gemeinsam reicht unsere Kraft aus, stehen wir die Situation jetzt durch und alles, was kommt. Verbunden in Gedanken, im Gebet und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft!

Fürbitten: Himmlischer Vater, wir bitten dich für alle Müden und Erschöpften, für alle, die matt und schwach sind, für alle Hoffnungslosen und Verzweifelten: schenke ihnen neue Kraft und Stärke. Hilf ihnen, wieder auf die Beine zu kommen. Nimm dich der Kranken und Sterbenden weltweit an, erfülle sie mit lebendiger Hoffnung, schenke ihnen Ausdauer, Mut, Zuversicht und den Glauben, dass du sie nicht allein lässt. Mach die Kraft unserer Gebete wirksam, erhöre uns, wenn wir zu dir rufen.

So beten wir miteinander das Gebet, das Jesus uns zu beten gelehrt hat: Vater unser im Himmel…

Segen: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir. Der Herr erhebe sein Angesicht über dich und er gebe dir Frieden. Amen.

Die Kerze kann nun ausgepustet werden

Kurze Info aus dem Pfarramt

  • Die Glocken läuten jeden Sonntag von 10-10.05 Uhr und täglich um 19.30 Uhr zum pfalzweiten ökumenischen Gebet.
  • Sie dürfen sich gerne im Pfarramt melden, wenn Sie mal mit jemandem sprechen möchten oder Hilfe brauchen!
  • Andacht auf dem Anrufbeantworter, täglich neu: 06322-988 35 01.
  • Seelsorge-Hotline des Dekanats Kusel, täglich von 8-12 und 16-22 Uhr: 06381-99 69 919. Gott behüte Sie, bleiben Sie gesund!

Bildquelle: Betende Hände, Albrecht Dürer, ca. 1508 – Foto Google Art Project/Wikipedia, bearbeitet